Erfolgreiche Titelverteidiger, aber auf ganz unterschiedliche Art
Erfolgreiche olympische Titelverteidigungen hatte es im Hockey seit der ruhmreichen Zeit der Inder nicht mehr gegeben. Auf Kunstrasen und bei den Damen schon gleich gar nicht. Mit Sydney 2000 wurde diesbezüglich ein neues Kapitel aufgeschlagen. Australien (Damen) und die Niederlande (Herren) wiederholten ihre Goldgewinne von Atlanta 1996. Aber auf gänzlich unterschiedliche Art und Weise.
Mit einer beeindruckenden Souveränität fuhren die Gastgeberinnen die allseits erwartete Goldmedaille ein. Weltmeister Australien war im erstmals auf zehn Teams aufgestockten Damenfeld eine Klasse für sich und der 3:1-Finalsieg gegen Argentinien hochverdient. Es war für Australien der Abschluss einer sagenhaften siebenjährigen Erfolgswelle mit zwei Olympiasieger, zwei WM-Titeln und fünf Champions-Trophy-Titeln in Folge.
Die deutschen Damen fühlten sich im Nachhinein als Opfer des Modus. In einer Fünfervorrunde qualifizierten sich die ersten drei jeder Gruppe für die Medaillenrunde. Die DHB-Auswahl verpasste den „Cut“ um ein einziges Tor, die beiden anschließenden Platzierungsspiele wurden beide gewonnen. So war letztlich nur ein einziges von sechs Turnierspielen verloren gegangen, aber am Ende doch nur ein enttäuschender siebter Platz dabei herausgekommen.
Noch größer war freilich das Leid der deutschen Herren. Wie ein einziges Spiel doch die Dramaturgie komplett auf den Kopf stellen kann! Am letzten Vorrundenspieltag des Herrenturniers saßen zwischendurch ein paar niedergeschlagene Holländer auf dem Podium bei der Pressekonferenz. Trainer Maurits Hendriks hielt so etwas wie eine Trauerrede auf einen gescheiterten olympischen Titelverteidiger. Die Niederländer wähnten sich nach ihrer 0:2-Niederlage gegen Pakistan raus aus dem Halbfinale, weil in der noch ausstehenden letzten Partie die gut in Form befindlichen Deutschen gegen das bis dahin sieglose Großbritannien zumindest einen Punkt holen und damit einen der ersten beiden Gruppenplätze belegen würden.
Mit diesem Fortgang rechneten quasi alle Beobachter. Doch es kam anders. Die deutschen Herren verkrampften zusehends und verspielten in der Schlussviertelstunde eine 1:0-Führung. Der britische 2:1-Überraschungssieg war für die Holländer wie ein Sechser im Lotto. Das durch Fremdhilfe wiederbelebte Oranje-Team nutzte die zweite Chance und blieb, ohne sonderlich stark zu spielen, dank Nervenstärke im Siebenmeterschießen sowohl im Halbfinale gegen Gastgeber Australien als auch im Endspiel gegen Emporkömmling Südkorea erfolgreich.
Die deutsche Mannschaft musste statt um Gold zu kämpfen ihren Frust in der Platzierungsrunde von der Seele spielen. Das nochmalige Wiedersehen mit den Briten und der dabei leicht herausgespielte 4:0-Sieg machte das unbegreifliche Vorrundenerlebnis nur noch schmerzhafter. Platz 5 war letztlich die unbefriedigende Endstation für Paul Lissek nach zehn erfolgreichen Jahren als Herren-Bundestrainer. Auch Damencoach Berti Rauth musste nach Sydney seinen Hut nehmen.
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