Blöchers Kopfschuss und das Damenspiel des Jahrhunderts
Konnte die deutsche Herrenmannschaft mit der Endspielniederlage 1984 in Los Angeles noch irgendwie leben, weil man eine gute Leistung gezeigt hatte und sich nur hauchdünn einem starken pakistanischen Team beugen musste, so war das vier Jahre später schon ganz anders. Niedergeschlagen und zutiefst enttäuscht hockten die deutschen Spieler auf dem Kunstrasenplatz des olympischen Hockeystadions von Seoul. Vorangegangen waren seltsame 70 Endspielminuten. Deutschland, nach drei gewonnenen Champions-Trophy-Turnieren in Folge als heißer Goldkandidat nach Südkorea gereist, hatte gegen den Überraschungsfinalisten Großbritannien (punktloser Turnierletzter der Champions Trophy 1988) so gut wie keinen Fuß auf den Boden bekommen und nach schwacher Darbietung am Ende völlig verdient mit 1:3 verloren.
Die gleiche Paarung in der Vorrunde hatte Deutschland noch mit 2:1 gewonnen – aber dort spielte auch noch Stefan Blöcher mit. Der deutsche Dribbelkünstler machte den Unterschied, schoss auch das Siegtor. Doch danach war Blöcher tragischer Hauptdarsteller der bleibendsten Szene des ganzen Turniers. Im Halbfinale gegen die Niederlande (2:1) bekam der deutsche Starspieler, auf der Torlinie stehend, einen missglückten Strafeckenschlag des holländischen Kanoniers Floris Jan Bovelander an den Schädel. Für einige Sekunden bewusstlos geschossen, war für Blöcher das Turnier beendet. Ohne den langen Blonden brachten die Deutschen im Finale nichts mehr auf die Reihe.
Auch die deutschen Damen waren als Vizeweltmeister 1986 mit hohen Ambitionen an den Start gegangen. Doch dann wurden sie das erste Opfer einer neuen Kraft im Damenhockey. Südkorea hatte nach der Vergabe der 24. Sommerspiele an Seoul systematisch alle olympischen Sportarten beackert, in denen sie noch nicht international wettbewerbsfähig waren. Ins Damenhockey brachten die Asiatinnen eine in diesem Ausmaß unbekannte Athletik. Südkorea überrollte förmlich seine Gegner. Dem 70-minütigen Tempo- und Powerhockey der Koreanerinnen konnte die überforderte DHB-Auswahl im ersten Gruppenspiel nicht standhalten. Das 1:4 war noch milde ausgefallen. Deutschland hatte das Pech, mit Australien die zweitstärkste Formation des Achterfeldes in seiner Gruppe zu haben. Nach dem 0:1 war der Weg ins Halbfinale verbaut. Drei anschließende Siege und am Ende Platz 5 ließen die Enttäuschung im deutschen Lager allenfalls erträglicher ausfallen.
Das atemberaubende Vorrunden-5:5 zwischen Südkorea und Australien war für viele Beobachter nicht nur wegen der außergewöhnlich hohen Zahl an Toren ein Jahrhundertspiel. Es verkörperte geradezu die Zukunft des modernen Damenhockey. Im Finale sahen sich beide Teams noch einmal, diesmal siegten die erfahreneren Australierinnen mit 2:0.
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