Jugendhockey

Dicke Luft im Endspiel von Schwabach

Nachlese zu den Deutschen Hallenmeisterschaften im männlichen Nachwuchsbereich

 

04.03.2013 - Blaue DHB-Meisterwimpel wanderten am Sonntag in den Westen, Süden und Norden der Republik. Rot-Weiss Köln (Männliche Jugend A), TSV Mannheim (Männliche Jugend B) und UHC Hamburg (Knaben A) heißen die Titelträger der Deutschen Hallenmeisterschaften 2013 im männlichen Nachwuchsbereich. Wie die drei sportlichen Beobachter des Deutschen Hockey-Bundes – André Henning bei der JA in Dortmund, Sven Lindemann bei der JB in Schwabach und Marc Haller bei den KA in Böblingen – die Turniere beurteilten und warum in Schwabach die Emotionen übers Ziel hinaus schossen, steht in unserer DM-Nachlese.

Männliche Jugend A: Köln mit toller individueller Qualität und größter Steigerung

Bei der Jugend A in Dortmund sah DHB-Beobachter André Henning ein „durchwachsenes Niveau“ des gebotenen Sports. Das lag vermutlich daran, dass sich die vier Halbfinalisten doch deutlich erkennbar von den unteren vier Teams abhoben. Vor allem an der Fähigkeit, ein anderes Tempo spielen und durchziehen zu können, unterschied in Hennings Augen die beiden Gruppen. Der Dürkheimer HC sei der Top Vier noch am nächsten gekommen. Entsprechend folgerichtig waren dann auch die beiden Halbfinalspiele und das Endspiel die herausragenden Partien des Wochenendes. Köln setzte sich dank „herausragender Defensivleistung“ gegen UHC Hamburg durch (3:0), im zweiten Vorschlussrundenspiel triumphierte Charlottenburg mit 4:2 in einem „offenen Kampf“ gegen Gladbach durch, das in dieser Partie sein bestes Hockey zeigte und stärker auftrat als noch in den Gruppenspielen.
Im Endspiel schockte Rot-Weiss den Gegner mit einem „Willemsen-Husarenstück“ (Henning) zum 1:0 und bald darauf 2:0. Erst in der zweiten Halbzeit konnte das eingespielte SCC-Team sein volles Potenzial abrufen und Köln gehörig unter Druck setzen. „Aber die Zeit hat halt nicht mehr gereicht“, fühlte André Henning mit den Berlinern. Rot-Weiss Köln verdiente sich in Augen des U21/U18-Bundestrainers den Titel deswegen, „weil es sich am besten im Turnierverlauf gesteigert hat und über ein individuell tolles Niveau verfügt“.

SCC-Kapitän Ferdinand Weinke (links) und Kölns Alexander Schöllkopf (Nr. 12) zählten zu den herausragenden Spielern bei der JA-Meisterschaft in Dortmund.

 

In das Allstar-Team berief André Henning als Torwart Victor Aly (RWK) sowie die Feldspieler Ferndinand Weinke (SCC; Henning: „Er war der herausragende Spieler der Endrunde“), Tom Grambusch (GHTC), Max Kapaun (UHC), Alexander Schöllkopf und Moritz Trompertz (beide RWK). Namentlich wollte der Beobachter noch Leon Willemsen, Timo Leichenich (RWK), Björn Gees, Tom Neßelhauf, Kevin Christiann (SCC), Florian Pelzner, Lennart Küppers (GHTC), Paul Freund, Fabio Bernhardt (DHC), Maxi Schlüter, Niklas Bruns und Philip Schmid (UHC) für ihre guten DM-Leistungen hervorheben.
Die Schiedsrichterleistungen verglich Henning mit jenen der Teams: „Das gab es ein Auf und Ab. Der Samstag war gut und die beiden Halbfinalspiele exzellent.“ Sehr positiv empfand der Bundestrainer den angenehmen Umgang zwischen Unparteiischen und Teams: „Da herrschte eine gute Kommunikation. In solch einer Atmosphäre wird dann auch mal ein kritischer Pfiff besser von den Spielern akzeptiert.“
Der Organisation durch Ausrichter TSC Eintracht Dortmund verlieh André Henning die Note „eins mit Sternchen. Besser geht es kaum. Das hatte mit Livestreaming und anderen Dingen eigentlich schon die Qualität einer Herren-Endrunde.“
"Diese DM war ein voller Erfolg, wir haben erneut unsere eigenen Erwartungen übertroffen", sagte Timo Klischan vom Ausrichterteam des TSC und ergänzte: "Wir haben hier schon weitere Ideen, die in den kommenden Jahren umgesetzt werden sollen. Bereits am Abend nach der Veranstaltung wurde schon über eine zukünftige Ausrichtung gesprochen."

Männliche Jugend B: Unangemessenes Ende einer schönen Meisterschaft

Sportlich spektakulär, aber disziplinarisch leider völlig unangemessen verlief das Ende der Meisterschaft der Männlichen Jugend B in Schwabach. Im Endspiel zwischen dem TSV Mannheim und Uhlenhorst Mülheim sah Titelverteidiger Mülheim bei einer 4:0-Führung nach 19 von 30 Minuten wie der sichere Sieger aus. Unglaublich, wie Feldmeister Mannheim dann vor 500 erstaunten Zuschauern in der gut gefüllten Halle noch die Wende schaffte. Mit einer verwandelten Schlussecke am Ende der regulären Spielzeit erreichten die Badener den 4:4-Ausgleich und in der zehnminütigen Verlängerung dann den 5:4-Siegtreffer. Das Finale endete im Eklat, da sich Uhlenhorst durch diverse gelbe, gelb-rote und rote Karten gegen Spieler und Bankpersonal so sehr dezimierte, dass zum Schluss nur noch zwei Mülheimer Feldspieler auf dem Platz standen.
Im Anschluss legte die Teamleitung des Westmeisters einen formellen Einspruch gegen die Spielwertung ein, der Ausschuss um die Berliner Turnierleiterin Karin Schwettmann sah jedoch keinen von Mülheim monierten Regelverstoß der Schiedsrichter und wies den Einspruch zurück.
„Jeder neutrale Zuschauer des Endspiels konnte sich bezüglich der Schiedsrichterleistung sein eigenes Bild machen“, hatte sich Uhlenhorst-Trainer Arndt Herzbruch, dem beim Stand von 4:3 Gelb und später Rot gezeigt wurde, auf die Unparteiischen eingeschossen und mochte einen Tag nach der Endrunde „im Moment nicht mehr dazu sagen“. Die Ruhrstädter sind auf ein entsprechendes Nachspiel eingestellt.
„Bei 4:0 noch zu verlieren kann nicht nur an den Schiedsrichtern liegen“, entgegnete Karin Schwettmann und zeigte sich „sehr erschrocken über das Ausmaß der Rücksichtslosigkeit und Respektlosigkeit der Trainer gegenüber den Entscheidungen der neutralen Spielleiter“. Dieses „schlechte Vorbild“ habe auf die Spieler übergegriffen, von denen manche in ihren Reaktionen ebenfalls weit über das Hinnehmbare hinausgeschossen wären.
Auch Sven Lindemann, der offizielle DM-Beobachter des DHB, fand es „sehr schade, dass die sonst schöne Meisterschaft zum Ende einen solch faden Beigeschmack bekam“. Dass das Finale derart aus dem Ruder laufen konnte, machte der Nürnberger an zwei unglücklich zusammentreffenden Umständen fest: „Da waren auf der einen Seite ein paar wirklich harte Entscheidungen eines Schiedsrichters, andererseits hatte Arndt Herzbruch in diesem Spiel leider keinerlei Nehmerqualitäten.“

Das Allstar-Team der MJB in Schwabach: Nicolas Hillmann, Marc Buse, Jonathan von Ilten, Timm Herzbruch, Max Godau und Paul Kaufmann (von links).


Sportlich wären laut Lindemann die beiden besten, weil offensivsten Teams im Finale gestanden. Bezeichnend war für ihn auch, dass Mannheim im Endspiel erst dann Erfolg hatte, als es sein zunächst defensives Konzept aufgab. Lediglich das drittplatzierte DHC Hannover konnte ähnliche Qualitäten aufweisen wie Mannheim und Mülheim. Auffällig für Lindemann „die hohe Qualität der Ecken der Top-3-Teams“. Schon zum viertplatzierten Gastgeber Nürnberger HTC (sehr glücklich mit nur einem Sieg und zwei Niederlagen ins Halbfinale gerutscht) sei eine Lücke geklafft. Insgesamt sei das sportliche Niveau der Endrunde „nicht schlecht, aber auch nicht überragend gewesen“, urteilte Sven Lindemann. Mit Ausnahme von Timm Herzbruch habe der jüngere JB-Jahrgang 1997 bei dieser Meisterschaft klar im Schatten der älteren Spieler (Jahrgang 1996) gestanden.
Die Besetzung des Allstar-Teams hat der DHB-Beobachter den beteiligten Trainern überlassen. Diese bestimmten TW Nicolas Hillmann (CzV), Marc Buse, Timm Herzbruch (beide UM), Jonathan von Ilten, Max Godau (beide DHC) und Paul Kaufmann (TSVM) in Turnierauswahl. Sven Lindemann sah zudem Nicolas Proske (TSVM), Malte Helwig und Alexander Glees (UM) sehr auffällig.
Beim Ausrichter Nürnberger HTC war man „sehr zufrieden, weil unsere Gäste hochzufrieden waren. Wir hatten ein Klasseteam“, sagt Gregory Wesley. Auch die ungewöhnliche Konstellation, das Turnier nicht in der gewohnten Umgebung durchzuführen, sondern aufgrund eines Hallenreservierungsproblems nach Schwabach ausweichen zu müssen, beeinträchtigte die Organisation nicht. „Die knapp 30 Kilometer zwischen Nürnberg und Schwabach sind wir dafür oft genug gependelt“, so Wesley.

Knaben A: Punktlandung für den UHC Hamburg

Ein „Finale mit zwei Teams absolut auf Augenhöhe, bei dem minimale Unterschiede in entscheidenden Situationen den Ausgang ausmachten“, sah DHB-Beobachter Marc Haller bei der Meisterschaft der Knaben A in Böblingen. Das bessere Ende hatte bekanntlich der UHC Hamburg, der nach 0:1-Rückstand noch 3:1 gegen Uhlenhorst Mülheim gewann. Von einer „perfekten Punktlandung“ sprach UHC-Coach Benedikt Schmidt-Busse und meinte die Entwicklung seiner Mannschaft über die Saison und über die DM-Endrunde hinweg bis hin zur starken Endspielleistung. Sein Mülheimer Trainerkollege Robby Imdahl zeigte sich als fairer Verlierer: „Wir hätten den Sack früh zumachen müssen. Das mögliche 2:0 haben wir verpasst, und dann kann es eben auch einmal in die andere Richtung laufen. Der UHC hat sich am Ende den Sieg verdient. Das muss man anerkennen und auch mal verlieren können, auch wenn das bei Uhlenhorst ja nicht oft vorkommt. Das habe ich auch meinen Jungs nach Spielende gesagt.“
Dass die beiden stärksten Mannschaften zurecht im Finale standen, war sicher nicht nur die Beobachtung von Marc Haller. Der U16-Bundestrainer sah im Feld der Platzierten den TC Blau-Weiss Berlin fast an vorderster Stelle, auch wenn die Hauptstädter am Ende nur Sechster wurden. Immerhin schlug Berlin zum Auftakt verdientermaßen Mülheim, hatte dann aber Pech, dass der Spielplan den BW-Konkurrenten zum Abschluss der Gruppenphase ein taktisches Manöver erlaubte, das Berlin schließlich aus dem Halbfinale kegelte. Die Abhängigkeit von anderen Resultaten hatte sich das nachlassende Blau-Weiss-Team freilich selbst zuzuschreiben.
Für Marc Haller war es eine lohnende und wichtige Beobachtung, dass keine Mannschaft bei dieser DM auf eine Mauertaktik mit defensiver Raumdeckung vertraute, sondern dass fast durchweg „sehr altersgemäß mit vielen technischen Elementen, mit viel Tempo und dementsprechend auch mit vielen Fehlern gespielt wurde“. Wobei Spieler des jüngeren KA-Jahrgangs 1999 „durchaus schon ihre Akzente setzen konnten“.

Das Allstar-Team bei der Knaben-DM in Böblingen: von links Nikolas Scholl, Jan Schiffer, Hannes Heßler, Paul Dösch, Fynn Oldenburg und Niklas Bosserhoff, flankiert von Bundestrainer Marc Haller.


In das Allstar-Team berief Haller den Torwart Fynn Oldenburg (Alster) und die Feldspieler Paul Dösch (BWB), Hannes Heßler (Stuttgart), Nikolas Scholl (UHC), Niklas Bosserhoff und DM-Torschützenkönig Jan Schiffer (beide Mülheim). Neben diesen geehrten Akteuren hob der Bundestrainer namentlich noch Leopold Harms, Moritz Eggers (beide UHC), Max Flößer (SC 80) und Christopher Peters (BWB) für gute DM-Auftritte hervor.
Die gezeigten Schiedsrichterleistungen stimmten Marc Haller „super zufrieden“, vor allem bei der Vorteilsauslegung sei eine gute Linie gefahren worden. Dementsprechend positiv klang dann auch das Fazit der beiden offiziellen SR-Betreuer Tilmann Kleppi und René Pleißner: „Das waren tolle, der Altersklasse gerecht werdende Leistungen, mit nur wenigen und nicht spielentscheidenden Fehlern. Wichtig war uns, dass die jungen Schiedsrichter emotional stabil geblieben sind, was sicher auch auf das sehr angenehme Klima zwischen Mannschaften und Unparteiischen zurückzuführen ist.“
„Wir haben hier in Böblingen einmal mehr optimale Bedingungen vorgefunden. Und die Organisation war von Anfang bis Ende einfach großartig. Hier wurde an jedes Detail gedacht“, pries Turnierleiterin Dagmar von Livonius die Leistung der SVB-Hockeyabteilung. Über 500 Zuschauer auf der restlos gefüllten Tribüne sorgten für eine würdige Kulisse zum Endspiel, aber auch schon am ersten Tag war die Halle sehr gut gefüllt, wie auch Bundesjugendwart Wolfgang Hillmann feststellen konnte. Der DHB-Vize war zum Empfang am Freitagabend ins Schwabenland gekommen und am Samstagabend dann zur MJA-Meisterschaft nach Dortmund weitergefahren.

 

 
25. April 2024
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