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E-Hockey-WM: Deutschland will den Titel verteidigen

Heute beginnt in München die Weltmeisterschaft / Topfavorit ist die Niederlande

06.08.2014 – Heute beginnt in München die E-Rollstuhl-Hockey-Weltmeisterschaft 2014. Nach dem Triumph 2010 ist das deutsche Team (Foto) zwar Titelverteidiger, plant aber im Achterfeld um Topfavorit Niederlande (1x Weltmeister, 3x Europameister) erst einmal nur für das Halbfinale am 9. August. Einen Tag später steigt im Münchner Olympia-Eissportstadion das Finale um die Weltkrone.
 

Anfang 2014 wurde Deutschlands Hockeynationalspielerin Nina Hasselmann von der Crowdfunding-Plattform „fairplaid“ angesprochen, ob sie nicht das Spendenprojekt eines jungen E-Hockey-Spielers unterstützen wolle. Dieser brauchte zur Teilnahme bei der WM 2014 einen neuen, konkurrenzfähigen Elektrorollstuhl. Die 28-Jährige überlegte nicht lange und half sofort. Die MSC-Spielerin holte nicht nur ihre Familie mit ins Boot, sondern auch namhafte Hockeyspieler, darunter die Damen-Nationalmannschaft, die deutschen Juniorinnen und die 1. Damen des Münchner SC. Am Ende war das Spendenziel erreicht, und das Projekt konnte mit über 4.000 Euro unterstützt werden.

Nina Hasselmann & Co. spendeten 4000 Euro

Initiator und Nutznießer dieses Projekts war David Bauer (auf dem Mannschaftsbild ganz rechts), der sich durch die Unterstützung der Olympiateilnehmerin einen Traum erfüllen konnte: „Ich danke Nina Hasselmann und allen Spendern, die mich auch dank Nina unterstützt haben.“ Im Mai dieses Jahres konnte Bauer endlich seinen persönlichen Elektrorollstuhl in Empfang nehmen. Rund 12.000 Euro kostet so eine Sportversion. „Der Rollstuhl ist natürlich das Wichtigste beim E-Hockey. Da braucht man das Topmodell, um international im Bezug auf Schnelligkeit und Wendigkeit mithalten zu können“, so der 20-jährige Jungnationalspieler. Mit diesem neuen Sportgerät schaffte Bauer den Sprung in den WM-Kader. „Die Teilnahme an der WM ist das größte Ereignis meiner bisherigen Karriere, und darauf freue ich mich natürlich sehr“, gibt Bauer stolz zu und verrät auch, welche Rolle er im deutschen Team spielt: „Meine Stärken liegen in der Defensive. Meine Aufgabe ist es, die Fahrt- und Passwege des Gegners zuzumachen. Dazu habe ich noch eine sehr gute Technik mit dem Schläger.“

David Bauer spielt mit einem Handschläger. Andere Teamkollegen benutzen sogenannte T-Schläger, die fest am Rollstuhl montiert sind. Wer welchen Schläger spielt, hängt von den individuellen Möglichkeiten ab und spiegelt sich auch im Klassifizierungssystem wider. Dieses System teilt Spielern in Abhängigkeit ihrer körperlichen Möglichkeiten einen bis vier Punkte (je weniger eingeschränkt sie sind, desto mehr Punkte) zu und soll Gerechtigkeit im E-Hockey ermöglichen. Am Ende darf das Team auf dem Feld zusammen maximal elf dieser Klassifizierungspunkte zählen.

Darüber hinaus ähnelt E-Hockey einem Mix aus Eis- und Hallenhockey. Gespielt wird auf einem 26 x 16 Meter großen Spielfeld mit abgerundeten Ecken, begrenzt durch 20 Zentimeter hohe Banden. Ziel ist es, mit einem Kunststoffball das 2,50 Meter breite und 20 Zentimeter hohe Tor zu treffen. Der Ball, 7,2 Zentimeter im Durchmesser, ist 23 Gramm leicht und hat 26 Ein-Zentimeter-Löchern. Jedes Team besteht aus vier Feldspielern und einem Torwart. Die Rollstühle dürfen bis zu 15 Stundenkilometer schnell sein und müssen sicherstellen, dass der Ball unter ihnen hindurch rollen kann. Ein Spiel dauert zweimal 20 Minuten, bei Verlängerung kommen zusätzlich zweimal fünf Minuten dazu sowie bei Bedarf noch ein Penaltyschießen.

Deutschland in der "Todesgruppe" der WM-Vorrunde

Gleich im Eröffnungsspiel am heutigen 6. August um 21 Uhr geht es für die deutsche Nationalmannschaft gegen Belgien um wichtige Punkte. „Das ist schon ein dicker Brocken“, stellt Roland Utz, stellvertretender Projektleiter der WM, fest, „den müssen wir erst einmal wegräumen.“ Neben Belgien warten Finnland (7.8., 12.45 Uhr) und Italien (8.8., 12.45 Uhr) als Gruppengegner auf Deutschland. „Das ist quasi die Todesgruppe, da kann jeder jeden schlagen“, erklärt Utz. Frühestens im Halbfinale lauert dann Topfavorit Niederlande, der in der zweiten Gruppe mit Dänemark, Australien und der Schweiz Anwärter auf den Gruppensieg ist. Nach intensiver zweijähriger Vorbereitung und mehreren gemeinsamen Trainingslagern ist das deutsche Team aber gut auf die WM im eigenen Land eingestellt. „Mindestziel ist schon das Halbfinale“, hält Utz, dessen Bruder selber im Aufgebot für München steht, fest. „Dann ist alles möglich. Bei einer WM musst du eh jeden schlagen.“

Auch WM-Neuling David Bauer sieht in der Heim-WM keinen Selbstläufer: „Nach dem Sieg 2010 sind einige Spieler zurückgetreten, ein Umbruch hat stattgefunden. Aber wir verstehen uns sehr gut im Team.“ Trotz der Konkurrenz um den Welttitel ist die Atmosphäre auch zwischen den Nationen gut. „Die Sportler kennen sich untereinander“, so Bauer. „Ich als Neueinsteiger kenne die meisten bisher nur von Videos. Aber jetzt freue ich mich darauf, die Besten der Welt persönlich zu treffen.“

Um den Austausch der Sportler untereinander zu ermöglichen, haben Roland Utz und das 18-köpfige ehrenamtliche Organisationskomitee lange nach einer passenden Unterkunft gesucht: „Es ist gar nicht einfach, 80 schwerbehinderte Sportler in einem barrierefreien Hotel unterzubringen, das war schon eine Herausforderung. Dazu kommen auch noch die Funktionäre, Zertifizierer und Verbandsmitglieder. So mussten 100 Rollstuhlfahrer und noch mal rund 150 Fußgänger an einem Ort untergebracht werden. Und dann war noch wichtig, dass Hotel und Sporthalle nah beieinander lagen und die Wege kurz blieben.“ Das ist Utz und seinem Team letztlich aber gelungen. Auch dank der Stadt München, die mit 230.000 Euro Fördermitteln einen Großteil des WM-Gesamtbudgets von 450.000 Euro übernommen hat.

Enorme PR-Arbeit im Vorfeld der WM

Zudem haben Utz und die ehrenamtlichen Helfer auch darüber hinaus einen enormen Aufwand betrieben, E-Hockey bekannter zu machen: „Wir haben einen Videotrailer gedreht, einen eigenen WM-Song produziert und sind in München gut mit Plakaten vertreten.“ Nun werben auf dem gesamten Olympiagelände und in U-Bahnen ein E-Hockey-Spieler und der Slogan „Image of a Champion“ für die Wettkämpfe. 6.000 Zuschauer fasst das Eissportstadion, aber Utz‘ Ziele sind bescheidener: „Wir haben wirklich sehr, sehr viele Anfragen bekommen. Wenn wir es schaffen, dass zum Eröffnungsspiel und zum Finale 500 bis 1.000 Zuschauer kommen, würden uns das schon sehr freuen.“

Auch Nina Hasselmann wird zu diesen Zuschauern gehören: „Ich werde wohl am Mittwoch zur Eröffnung kommen und am Wochenende sicherlich auch vorbei schauen. Ich konnte David persönlich leider noch nicht kennenlernen. Aber dies wird dann endlich mal nachgeholt.“ Zudem kommt der Mittelfeldmotor des MSC nicht alleine: „Angedacht ist, gemeinsam mit Herren und Damen des MSC die deutsche E-Hockey-Nationalmannschaft vor Ort lautstark zu unterstützen.“

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28. März 2024
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