Nr. 40 - 20. August 2003

   

Doping-Probe

Da gestern für uns ein spielfreier Tag war und nur eine Grachtenrundfahrt auf Uli Forstners Wunsch auf dem Programm stand, die doch eher eine Gruftie-Rundfahrt war und schlimmste Tourivorurteile bestätigte (keiner wollte sie übrigens machen, nur Uli, aber der blieb dann lieber vor Trainers Lieblingsspielzeug, dem Videorecorder, im Hotel), will ich Ihnen lieber nichts von Grachten und Grufties erzählen, sondern aus dem wirklichen Leben eines Leistungssportlers berichten, der Dopingkontrolle. Schon daheim werden die Spieler ja oft zu frühmorgendlicher Stunde von den Kontrolleuren in jedem Sinne heimgesucht. Eine Stunde vorher der Anruf und dann gilt es, soll sich das Ganze nicht taglang hinziehen, das Wasser zu halten.

Gleich nach unserer Ankunft zum ersten Training im Stadion informierte mich der hier sehr freundliche Doping-Kommissar, dass er vampirgleich sich vier Opfer unseres Teams ausgesucht hätte. Ich hätte allein das Recht, diese vier zu losen. Er gab mir einen Beutel, wie Sie ihn vom Scrabble-Spiel kennen, aus dem ich die vier Glücksnummer herausziehen durfte. Sogleich konnte ich meine Kandidaten während des Trainings informieren, dass vorzeitiger Wassererguss in den nächsten Stunden zu vermeiden wäre. Nach dem Training hatten sie sich dann ohne schuldhaftes Zögern unverzüglich in einen Küchenraum des hiesigen Clubs zu begeben. Dort wurden zunächst einmal mehrseitige Formulare (mindestens vierfacher Durchschlag) ausgefüllt. Das Preußische hat sich globalisiert, wir kennen keine Nationalitäten mehr, wir kennen nur noch Bürokraten. Nachdem alles protokolliert war, für die vier Junx galt weiter die oberste Maxime, „Wasser halten“, konnte es nun endlich losgehen. Weit gefehlt. Erst einmal wurde das erste Pinkel-Set unter fast notarieller Aufsicht geöffnet. Ein Pinkeltopf im Tupperware-Stil, stilgerecht mit einem Nummerncode versehen, der Spieler hatte das Recht, unter 8 gleichaussehenden Sets sein Lieblingsensemble zu wählen. Jetzt konnte es losgehen.
Denkste. Jetzt musste der Nummerncode dieses Sets sorgfältig in die Protokolle eingetragen werden (vierfacher Durchschlag, Unterschriftsparaphe des Probanden, versteht sich). Aber jetzt konnte es endlich losgehen, 75 ml Minimum wurden erwartet. Aber nur vom Kandidaten Nr. 1. Die drei anderen mussten sich weiter wasserhaltend quälen. Schüti, welterfahren wie immer, zeigte sich auch hier sehr eloquent und lieferte in kurzer Zeit punktgenau seine 75 ml. Aber damit war es nicht etwa geschehen. Jetzt ging es erst richtig los, das Bürokratenherz hüpfte, ein neues Set war auszulosen, wunderbar in Styropor verpackt, zwei Klebebänder waren sorgfältigst zu entfernen, neue Nummerncodes zu entdecken, protokollieren, paraphieren (Uli Klaus konnte kaum noch das Wasser halten, Till Kriwet rutschte unruhig auf seinem Küchenstuhl hin und her). Und dann konnten die Styroporhälften geöffnet werden und gebaren zwei wunderbare Flaschen von erlesener Schlichtheit, wiederum vakuumverpackt, mit Klebebändern mehrfach versiegelt und natürlich wieder Nummerncode,... Sie wissen ja, protokollieren, paraphieren...
Nun ein besonderer Geschicklichkeitstest, ohne Trichter das kostbare Nass aus Tupperflasche 1 zu 40 % in Glasflasche 1 zu schütten, ohne etwas zu verschütten. Und es macht sich ja auch nicht so gut auf den Küchentisch zwischen all den Protokollen. Dann mit einem Patentverschluss luft- und fälschungssicheres Verschließen dieser Flasche, Nummerncode, protokollieren.... Der Kommissar fasst übrigens selbst nichts an, nicht, dass später einer sagen könnte, er hätte. Und dann dasselbe noch einmal für Flasche 2. Die heißt in Wirklichkeit dann B-Probe, das wissen Sie ja, denn Sie sind ja Sportexperte. Wenn bei dieser Prozedur später kein Haar in der Sportrechtssuppe zu finden ist, muss halt die Zahnpasta her. Und wieder verschließen, Klebestreifen, Nummerncode, Protokoll, Paraphe. Habe ich eigentlich erwähnt, dass vorher natürlich auch sämtliche Nahrungsergänzungs-, Heil- und Arzneimittel der letzten 72 Stunden zu Protokoll zu geben waren, samt aller Allergien, Erbkrankheiten der Großmutter und frühkindlicher Abnormitäten. Aber wir haben ja noch unsere A- und B-Proben zu versiegeln. Zurück in die Styropor-Box und Klebestreifen von links nach rechts in pink („macht normalerweise flink“)und quer in weiß. Nummerncode, na, Sie wissen ja.

Wer richtig aufgepasst hat, weiß dass wir noch 15 ml Harnstoff übrig haben. Zu viel des Guten? Mitnichten. Damit die ganze Prozedur nicht umsonst war, wird nun eine Art Lackmustest der Harndichte gemacht. Denn um endlich Pinkeln zu können, muss vielfach von oben nachgeschüttet werden und bei zu viel Mineralwasserkonsum kann das kostbare Gut schon einmal etwas dünn geraten. Und dann wäre der ganze schöne Aufwand, den ich Ihnen gerade beschrieben habe, umsonst gewesen. Auf die Idee, diesen Lackmustest an den Anfang dieser Zeremonie zu stellen, kann vermutlich nur ein ignoranter Laie wie ich kommen. Nach 20 Minuten war der globale Schüti fertig, bei den Youngstern zog es sich dann noch etwas hin und unser Nesthäkchen Christoph Menke schaffte nur 40 ml. Die große Stunde unseres Kommissars war gekommen. Ein Zusatzprotokoll konnte erstellt werden. Das Tuppertöpfchen mit der Mini-Ration wurde versiegelt, ein neues Glücksspiel für „Ansgar“ (ja, seine Mitspieler nennen ihn so nach dem gleichgesichtigen Fußballspieler), Nummerncode, Protokoll. Und dann Töpfchen erst einmal in die Ecke. Als alle durch waren, konnte auch Ansgar wieder, der Topf geriet übervoll. Deckel drauf und, aber das wissen Sie ja alle längst. Nach knapp zwei Stunden hatten alle vier Wasser gelassen. Und nicht nur das.


Bleiben Sie uns verbunden –

HockeyHerzlichst

 

CT AMSTELVEEN - Aug.2003
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Foto: Herbert Bohlscheid (Sportfoto.tv)

Eike Duckwitz und der Kapitän der indischen Mannschaft Dhanraj Pillay trafen schon bei der CT 2002 in Köln aufeinander



Foto: Dr. Klaus Höcker, 2002

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Foto: © Sportfoto.tv, 2002

CT 2002 - Justus Scharowsky im Spiel gegen Indien in Köln


Foto: Dr. Klaus Höcker, 2002

CT 2002 - Justus Scharowsky im Spiel gegen Holland in Köln




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