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Gedanken zum Rücktritt von DHB-Schiedsrichterwart Claude Seidler

Bis zur Strukturreform war der Schiedsrichterwart des DHB Mitglied des höchsten Gremiums, des Präsidiums, gewählt von den Vereinsvertretern auf dem Bundestag, woraus sich auch eine gewisse Unabhängigkeit ergab. Als Präsidiumsmitglied war er über alle wichtigen Entscheidungen informiert, in alle wesentlichen Entscheidungen eingebunden. Wir können uns an keine Entscheidungen erinnern, die über unsere Köpfe hinweg getroffen wurden, im Gegenteil, die Zusammenarbeit in den verschiedenen Präsidien zeichnete sich durch eine hohe Übereinstimmung, gegenseitigen Respekt und den Willen, gemeinsam für das deutsche Hockey zu arbeiten, aus.

Außerdem war die KSR damals im Sportausschuss, im Satzungs- und Spielordnungsausschuss, in der Technischen Kommission und im Jugendausschuss vertreten, um die Interessen des Schiedsrichterwesens wahrzunehmen. Auch dort waren wir in alle wesentlichen Entscheidungen eingebunden, auch wenn wir uns nicht immer durchsetzen konnten, so z.B. als die automatische Sperre nach Gelben Karten abgeschafft wurde. Claude Seidler beklagt nicht, dass Entscheidungen gegen die KSR getroffen werden, er beklagt zu Recht, dass diese in wichtige Entscheidungsfindungsprozesse nicht mehr eingebunden ist und somit die Schiedsrichter im DHB zu einem notwendigen Anhängsel degradiert werden.

Es war früheren Präsidien selbstverständlich und eine Frage des Stils, dass Bundesligaschiedsrichter freien Eintritt zu Endrunden hatten. Es war undenkbar, dass Endrundenschiedsrichter nicht von vornherein Zugang zum VIP-Bereich hatten (Dieser wurde ihnen z.B. bei der diesjährigen Hallenendrunde in Duisburg zunächst verwehrt). Um eines deutlich zu sagen: Hier geht es nicht ums Geld, denn der wirtschaftliche Erfolg oder Misserfolg einer DM hängt nicht davon ab, ob etwa 25 bis 30 Bundesligaschiedsrichter Eintritt zahlen oder sich acht Schiedsrichter im VIP-Bereich aufhalten dürfen, zumal sich ja auch die anderen ehrenamtlichen Mitarbeiter des DHB dort aufhalten dürfen! Dass ein Veranstalter aus Unkenntnis die Schiedsrichter ausschließt, ist vielleicht noch nachvollziehbar. Dass der DHB dieses durchgehen lässt, bezeugt nur den von Claude Seidler beklagten geringen Stellenwert des Schiedsrichterwesens. Dass dann der DHB-Multifunktionär Frank Selzer im Namen des Bremer Hockeyverband, der – um es milde auszudrücken – in den vergangenen Jahren weder im Schiedsrichterwesen noch im sportlichen Bereich durch besondere Leistungen aufgefallen ist, einen Antrag stellt, die Schiedsrichter per Neufassung des „Event-Guides“ auszuschließen, bildet den absoluten Höhepunkt dieser Geringschätzung. Honi soit qui mal y pense!

Die Strukturreform des DHB unterstellt den Schiedsrichterwart dem Bereich Sport und siedelte ihn unter dem Präsidium im Vorstand an, während Breitensport und Kommunikation dort verblieben. Wir haben uns schon damals gefragt, mit welchem Recht eigentlich? Warum gibt es außer dem Vizepräsidenten „Kommunikation“ noch die Vorstände „Kommunikation„ und „Interne Kommunikation“? Deutlicher kann doch die Geringschätzung des Schiedsrichterwesens nicht zum Ausdruck gebracht werden.

Als wir in den Gesprächen vor und auf dem Bundestag auf den geringen Stellenwert des Schiedsrichterwesens hinwiesen, stießen wir zwar auf Verständnis, doch die Bereitschaft, den Schiedsrichterwart in seiner bisherigen Position zu belassen, war gering, und zwar aus ganz anderen Motiven heraus. Man wollte die Reform als Ganzes, das neue Präsidium sollte mit der von ihm gewünschten Struktur arbeiten können.

Das deutsche Schiedsrichterwesen genießt seit Jahren international einen hervorragenden Ruf, denken wir nur an die Nominierungen Olympia- und Champions Trophy-Nominierungen von Ute Conen, Richard Wolter, Christian Siebrecht, Jan-Jo Rommel und Christian Blasch, um nur einige von ihnen zu nennen.

An jedem Wochenende ist eine Vielzahl von Schiedsrichtern im Einsatz. Für ihr Hobby nehmen sie stundenlange Anfahrten und auch ungünstige Anfangszeiten in Kauf. Dafür sollten sie doch vom DHB eine gewisse Anerkennung erwarten können. Es muss ja nicht wie beim Deutschen Fußball-Bund sein, der seine Bundesliga-Schiedsrichter auf seine Kosten zum Pokalendspiel nach Berlin einlädt!

Vielleicht schaut sich der DHB einmal bei anderen Sportverbänden um, welchen Stellenwert diese den Schiedsrichtern einräumen.

Wer immer die Nachfolge Claude Seidlers antritt, sollte sich genau überlegen, ob es den Interessen des Schiedsrichterwesens gerecht wird, dies in den bisherigen Strukturen zu tun."


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