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Prag - eine Reise wert |
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Um 15 Uhr in der Mittagssonne bei über 35 Grad und der bequemen schwarzen Schiedsrichterhose und einem gelben Schiedsrichterhemd pfiffen wir eine der interessantesten Partien der Vorrunde an. Der Halbzeitstand war ein 1:1 Unentschieden und dieses Ergebnis sollte sich nicht wirklich ändern. Belgien zog durch einen 7-m mit einem Tor davon, doch kassierten auch sie einen Treffer durch einen verhängten Strafstoß. Danach wurde es hitziger und von unserer Seite immer schwieriger das Spiel unter Kontrolle zu halten, da beide Mannschaften auf den Siegtreffer drängten und es zu spektakulären Szenen kam, die aber kein Tor zur Folge hatte. Gary und ich zogen zwar fünf Karten, aber auch diese waren keine klaren Zeichen. Am Ende war keine der Mannschaften mit einem Punkt zufrieden und die Unparteiischen die schuldigen Personen. (Zu diesem Zeitpunkt wäre ich als Urlauber in beiden Ländern nicht gern gesehen worden. Dies sollte sich auch im Verlauf des Turniers nicht mehr wirklich ändern.) Am Mittwoch kam es zu den entscheidenden Spielen in den Gruppen. Eine erneute Ansetzung mit Gary folgte. Diesmal war es das Spiel Spanien gegen England. England wollte noch einen Halbfinalplatz sichern. Spanien spielte um den Gruppensieg und startete auch dementsprechend. Der Halbzeitstand war eine 3:0 Führung. Diese konnten sie auch auf einen Gesamtvorsprung von fünf Toren ausbauen, bis die Engländer Tore schossen und mit einer Schlussstrafecke zum 5:3-Endstand trafen. Wir hatten das Spiel viel besser im Griff, vor allem in der zweiten Halbzeit. Zwar dieses zweite Spiel nicht mit dem ersten zu vergleichen, doch konnte ich behaupten, dass ich mich in meiner Leistung steigerte. Auch der walisische TD Martyn Gallivan, den ich letztes Jahr in einem 4-Nationenturnier in Gneznio das erste Mal getroffen hatte, brachte nur die kurze Lobformel über die Lippen: “Well done, Mike. Good umpired!“ Er gab mir so die Zuversicht, ein gutes Turnier zu absolvieren, wenn ich nur die gleiche Leistung wie in Polen zeigen würde. ![]() Doch am Mittwoch gab es auch noch ein anderes Highlight. Der Abend mit dem offical dinner, welches, wie so oft in den Turnieren, in denen ich als Schiedsrichter nominiert wurde, als „informal unoffical offical dinner“ propagiert wurde. Nichtsdestotrotz trugen wir alle Krawatte. (Dafür hatte ich ja eine mitgenommen!) Das Essen war Balsam für die Seele, da das Mittagessen und das Abendbrot im Hotel die reinste Zumutung war. Um zehn Uhr nahmen alle Schiedsrichter, welche nun Bürger des öffentlichen Leben waren, dieselbe Straßenbahn in die Stadt und verbrachten einige nette Stunden mit der Nutzung aller gebotenen Möglichkeiten, die ein Nachtleben bieten kann. Dann kam lange nichts! Der Donnerstag war der so genannte „rest day“, ein freier Tag für alle Teilnehmer, und die Möglichkeit sich zu erholen oder die Stadt am Tage zu erobern. Wir nahmen die Metro und fuhren zum Prager Schloss. Die Sonne gewährte uns keine Abkühlung, nur die Cola im Schlosscafé brachte eine kleine Erfrischung. Nun musste auch der offizielle Teil eines Stadtbesuchs mit dem Spaziergang über die Karlsbrücke und dem Mittagessen im Restaurant „U fleku“ abgeschlossen werden und so waren wir wieder pünktlich um 16 Uhr im Hotel, um die „tricks with the sticks on eurosport“ zu verfolgen. Deutschland erreichte ein Unentschieden gegen die Niederlande in Terassa. Der Tag endete mit einem Meeting und einem Videobeitrag vom englischen Schiedsrichterwesen über den richtigen Einsatz der Körpersprache in einem Hockeyspiel. Auch mein englischer Kollege Scott war mit einigen Szenen vertreten und verschaffte uns sogar ein nettes Deja vu. (It’s a free hit outside. Cheers mate!) Der Tag der Halbfinalspiele brachte mir ein frühes Match ein. Tschechien gegen Polen. Tschechien hatte noch eine geringe Chance die A-Division zu halten. Das tschechische Fernsehen brachte alle Spiele der tschechischen Mannschaft live im ersten Programm. Doch nur die der Vorrunde. Meine Chance ins Fernsehen zu kommen, war also dahin. Der Spielverlauf brachte zwar noch Polen nicht zur klaren Führung, doch waren sie das klar bessere Team. Die Zusammenarbeit mit Mr. Smirnov aus Russland war perfekt und jede Entscheidung wurde mit einem Kopfnicken des anderen bestätigt. Auch UM war zufrieden. Ich konnte mich zwar noch nicht vollends ausruhen, da ich noch für das erste Halbfinale als Ersatz fungieren musste, aber die Temperaturen ließen nach – auch die Nächte in den Zimmern wurden angenehmer und man verdrängte das Bedürfnis nach einer Klimaanlage, und so wurde das Entscheidungsspiel zwischen den Niederlanden und Belgien nach elf Minuten wegen eines Gewitters unterbrochen, welches die Einleitung für kühlere Tage bedeutete. Beide Halbfinalspiele wurden mit einer Verlängerung oder dem 7-m Schießen entschieden und als auch nach dem x-ten Siebenmeter der Deutschen klar war, dass die eigene Nation gegen die Nachbarn (Halsschmerzen usw.) im Finale stand, konnte ich mich beruhigt auf ein anderes Spiel am letzten Tag dieser Europameisterschaft freuen. Es sollte ein Wiedersehen alter Bekannter sein: Spiel um Platz 3 Spanien gegen Belgien mit meinem holländischen Kollegen Roderick Wijsmuller. Wir konnten schon auf gemeinsame Erfahrungen in einer vergangenen Europameisterschaft der U16 in Rotterdam bauen. Das Spiel verlief gut. Spanien zog mit zwei Toren davon. Dann wurde das belgische Team in der zweiten Hälfte immer stärker und kurz vor Schluss konnte es einen kapitalen Fehler zum Ausgleich nutzen. Dazwischen war viel Hektik und viel Arbeit für Roderick und mich, doch für die zweite Halbzeit und die Verlängerung hatten wir eine hohe Investition getätigt, die sich auszahlte. Belgien schoss sich durch eine Strafecke und damit dem Golden Goal zur bronzenen Medaille. Nur eine Anmerkung: Auch dieses heiße Spiele wurde unter den heißesten Wetterbedingungen ausgetragen. Danach kam eine Regenfront, die Abkühlung versprach! ![]() Ich war zufrieden. Das deutsche Team hatte das Endspiel gegen Holland verloren. Das war natürlich nicht zufriedenstellend. Doch standen wir nach dem Spiel mit den deutschen Spielern zusammen und bekannten uns zu unserer Gemeinsamkeit ein Team zu sein und versprachen uns auch nach dieser Woche auf den heimischen Hockeyplätzen höflich zu begrüßen. Mein „Feedback“ in der Hand war wohl verfasst. Gute verbale Noten in allen Kategorien. Hier endet der Bericht "Eine lange Woche in Prag". Ein gutes Turnier mit allen regionalen Besonderheiten und Spezialitäten. Doch die Geschichte wird fortgesetzt! |
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