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Den Video Umpire gibt es auch bei der WM

hockeyzeit: Es hat während der Damen-Trophy in 18 Spielen nur eine einzige praktische Anwendung gegeben. Ist das erst einmal ein gutes Zeichen, dass es eben gar nicht so viele strittige Situationen gibt?

Peter von Reth: Ich hatte mir überhaupt keine Anwendung vorgestellt, denn das war auch nach den "nicht offiziellen Versuchen" und "Trockentests ohne Einmischung von den Schiedsrichtern" der Fall. Natürlich ist es ein gutes Zeichen, dass die Schiedsrichter die Entscheidungen meistens selbst sehr gut treffen können.

hockeyzeit: Oder hätten Sie sich – zur Erprobung der Tauglichkeit des Systems – erst einmal mehr Einsätze des Video Umpire gewünscht?

Peter von Reth: Nein, die Tauglichkeit kann man auch testen, wenn man "plötzlich" eine Wiederholung beim Regisseur in einem vorgetäuschten Fall anfragt. Das haben wir auch ausgeführt, und auch das hat bestens funktioniert. Wir sind sehr zufrieden damit, wie wir diesen Versuch ausführen konnten.

hockeyzeit: Ist es korrekt zu sagen, dass die FIH mit diesem Video Umpire die Kompetenz der Schiedsrichter nicht in Frage stellen will, sondern ihnen lediglich ein Hilfsinstrument anbieten möchte?

Peter von Reth: Ja, exakt darum geht es. Die Schiris sind selbstständig verantwortlich, zusammen die richtige Entscheidung zu treffen. Wir wollen nur ein Hilfsinstrument anbieten in Situationen, die zu einem Tor führen könnten und die also einen direkten Einfluss auf Spielresultat oder eben Turnierresultat haben könnten. Aber wir wollen keine aktive Einmischung von Seiten des Video Umpire. Nicht gefragt werden heißt also: keine Arbeit!

hockeyzeit: Ist für den Einsatz eines Video Umpire eine bestimmte Qualität der TV-Aufnahmen notwendig?

Peter von Reth: Ja, eigentlich schon, obwohl die Weltturniere mittlerweile alle mit ganz guten Fernsehbildern ausgestrahlt werden. Eine gute Abstimmung darüber, welche Wiederholungen wir wollen und von welcher Kamera, ist sehr wichtig dabei.

hockeyzeit: Muss es zusätzliche Kamerainstallationen geben?

Peter von Reth: Ja, die gibt es auch. Wir brauchen Torkameras zur Überwachung der Torlinie sowie Kameras, die auf Höhe des Schusskreisrandes stehen. Torkameras waren jetzt bei der Damen-Trophy in Amstelveen extra angebracht worden. Die haben sich auch als hervorragende Möglichkeiten erwiesen, für neue Zeitlupen-Motive zu sorgen, so dass auch die TV-Zuschauer ausgezeichnet bedient werden konnten. Ich denke, dass in Holland der Sender NOS beim nächsten Turnier sofort mit Torkameras kommen wird, denn die Austragung war toll, fanden sie.

hockeyzeit: Wie sieht die Arbeit eines Video Umpires genau aus? Muss er in Sekundenschnelle für ein Replay einer bestimmten Szene sorgen können?

Peter von Reth: Der Video Umpire schaut sich in aller Ruhe das Spiel an, überhaupt nicht nur auf einem Monitor und stressig. Nur wenn sich das Spiel Richtung Schusskreis entwickelt, muss er sich etwas konzentrieren, da dann die Möglichkeit für eine Anfrage von Seiten der Schiris entstehen kann. Wenn so eine Frage kommt (die Spielzeit wird angehalten, über Funk und mit einem Handsignal wird gebeten, eine Entscheidung mit Hilfe von Video zu treffen) wird eine Wiederholung der Szene, eventuell auch in Zeitlupe, beim Bildregisseur angefragt. Es ist abhängig von ihm, wie schnell die angeforderten Bilder kommen. Dann hat man noch genügend Zeit, um die Entscheidung zu treffen. In Amstelveen waren es weniger als 20 Sekunden, und viele Leute habe einfach gar nicht mitbekommen, dass eine Entscheidung vom Video Umpire getroffen worden ist.

hockeyzeit: Hat sich Hockey (die FIH) bei der Einrichtung eines Video Umpire an anderen Sportarten orientiert? (zum Beispiel Eishockey mit seiner Torkamera) Ja, wir haben uns schon ab 2002 (Weltmeisterschaft der Damen in Perth) damit beschäftigt und uns vom Cricket, Rugby Union und Rugby League informieren lassen, wie die es machen. Das sind aber sehr professionelle Organisationen, die sehr viel Geld investiert haben (alle werden ja bezahlt bei denen). Letztendlich haben wir selbst uns entschieden, wie wir es austragen sollten und ohne eine schwere Kostenlast tragen zu müssen. Wir haben die Kamerapositionen auch mit einigen Teamcoaches besprochen und natürlich selbst schon Erfahrungen gesammelt, welche unbedingt notwendig waren. Aber auch die andere Sportarten verwenden die Standard-Kamerapositionen vom Fernsehen.

hockeyzeit: Wird es bei den bevorstehenden WM-Turnieren zu Veränderungen in der Durchführung kommen? Oder war die Praxis-Premiere so gut, dass kein Änderungsbedarf besteht?

Peter von Reth: Auch in Mönchengladbach und Madrid wird getestet, also machen wir das gleiche. Vielleicht wird es ganz kleine Anpassungen geben, aber das sind dann nur Ausführungsdinge. Nach den Tests bei den Weltmeisterschaften 2006 werden wir uns alles mal überlegen, kostenmäßig vergleichen und die mögliche Benutzung in der Zukunft besprechen, bevor ein Vorschlag zum Executive Board geschickt wird. Dieses höchste FIH-Gremium muss dann entscheiden, ob wir ein Budget bekommen können, ob der Video Umpire weiterhin gebraucht wird bei Weltturnieren und welche Empfehlungen (es könnten ja mehrere Entscheidungen im Frage kommen) dabei übernommen werden.

hockeyzeit: Ist der Einsatz eines Video Umpire unterhalb der ganz großen Turniere für die Zukunft denkbar?

Peter von Reth: Ja, aber nur bei FIH-Turnieren, bei denen eine Fernseh-Austrahlung obligatorisch ist. Also: Champions Trophy, Weltmeisterschaften, Olympische Spiele und vielleicht die neuen Olympia-Qualifikationsturniere, die man ab 2008 organisieren will.

hockeyzeit: Die holländische Liga ist ja wahrscheinlich die modernste der Hockeywelt. Denkt man da über einen Video Umpire nach?

Peter von Reth: Nein, wir habe ja keine Fernsehbilder oder ausreichend Kameras von allen Spielen zur Verfügung. Mit eigenen Kameras, wie die Mannschaften sie für ihre Spielanalysen verwenden, geht es nicht. Denn man muss bei den als „Beweisstück“ herangezogenen Bildern eine hundertprozentige Sicherheit haben.

Funkverbindung zwischen den Schiedsrichtern ist ja in der Hoofdklasse schon Standard, oder?

Peter von Reth: In allen Nationalligen (Hoofdklasse Damen und Herren sowie zwei Overgangsklassen Herren) ist das schon seit zwei Jahren so, und wir sind sehr zufrieden. Alle 70 Schiedsrichter, die in diesen Klassen pfeifen, haben ihr persönliches Funkgerät und nehmen es jedes Mal mit. Es gehört bei uns jetzt zur Ausrüstung und wird vom nationalen Verband KNHB zur Verfügung gestellt.


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