Bundestrainer Bernhard Peters:

„Es fehlte vor allem an der Physis“


Zum Abschluss der Großveranstaltung in Amstelveen unterhielt sich die DHZ mit Bundestrainer Bernhard Peters.
Wir danken der Deutschen Hockey-Zeitung für die Erlaubnis, dieses Interviews hier zu veröffentlichen.



DHZ: Der erhoffte fünfte Platz ist es nicht geworden. Woran lag es?

Peters:
Ich hatte die Möglichkeiten vielleicht nicht ganz realistisch eingeschätzt. Es war doch zu schwer, mit dieser Mannschaft hier Fünfter zu werden. Sie war in einigen Phasen des Turniers überfordert, gegen solche Weltklassegegner hätte es doch drei oder vier Spieler gebraucht, die schon mehr internationale Erfahrung haben. Aber es hätte keinen Sinn gemacht, aus der EM-Mannschaft einige Spieler für die Trophy herauszunehmen. Wenn man so entscheidet, wie wir das getan haben, dann muss man auch konsequent bleiben.

DHZ: Im Platzierungsspiel gegen Argentinien war das Team nicht weit vom Erfolg entfernt.

Peters:
In der zweiten Halbzeit muss man gegen solch einen Gegner, der nach 13 Spielen in drei Wochen sichtlich platt war, mehr draufsetzen und richtig Druck machen können. Dazu fehlte es uns vor allem an der Physis, aber auch an Selbstvertrauen. Es gab jedoch auch Phasen, wo sich die Mannschaft hier sehr gut verkauft hat, auch vom Teamgedanken hat sie das gut gemacht. Man konnte insgesamt sehr gut die Unterschiede in der Qualität unserer Spieler ausmachen. Zusammen mit Uli Forstner werde ich noch sehr genaue Auswertungen anstellen, was die gesamte Turnierleistung der einzelnen Spieler technisch-taktisch und auch konditionell betrifft.

DHZ: Wer hat denn über den Erwartungen gespielt?

Peters:
Die positivsten Entdeckungen waren sicherlich die beiden Außenverteidiger Till Kriwet und Alexander Sahmel. Kriwet hat wunderbar aggressiv und mit großem Selbstvertrauen die ganze Woche über gegen Topleute die Zweikämpfe angenommen und viele davon gewonnen. Das hätte ich mir von vielen anderen unserer Spieler auch gewünscht.

DHZ: Im Mittelfeld und Angriff war weniger los.

Peters:
Bei Benjamin Köpp war zu sehen, dass er ein guter Dribbler und international guter Stürmer ist, aber er hat zu wenig Unterstützung erhalten. Auch viele andere zeigten gute Ansätze. Ein typisches Beispiel war Max Jesse. Er hatte immer mal wieder gute Phasen und dann auch wieder ganz schwache Momente. Da ist noch keinerlei Konstanz, weil die Spieler noch zu wenig Athletik besitzen.

DHZ: Was haben Sie den Jungs bei der Abschlussbesprechung mit auf den Weg gegeben?

Peters:
Dass sie jetzt den Ehrgeiz entwickeln müssen, die offensichtlichen Defizite, gerade im athletischen Bereich, anzugehen – wenn sie die richtige Einstellung zum Leistungssport haben und einmal in der Weltspitze mithalten wollen. Alle haben das erste Mal solch ein Topturnier gespielt und ganz klar gesehen, wo die Unterschiede liegen. Wer eine Chance haben will, auf dem hohen Niveau, das wir uns mit dem A-Kader in den vergangenen Jahren erarbeitet haben, vielleicht sogar schon vor den Olympischen Spielen einsteigen und mithalten zu wollen, der muss jetzt mit Fleiß an sich weiterarbeiten.

DHZ: Die Woche in Holland muss für Sie wie ein Spießrutenlauf gewesen sein.

Peters:
Ja. Aus Sicht der holländischen Ausrichter ist es ja auch verständlich, wenn sie lieber die Topspieler des Weltmeisters hier gesehen hätten. Das hätte ich übrigens auch lieber. Aber man darf eben Ursache und Wirklung nicht verwechseln, wie es zu unserer Nominierung kam.

DHZ: Stehen Sie auch nach Abschluss der Trophy-Turniers noch dazu?

Peters:
Ich bin nach wie vor hundertprozentig davon überzeugt, dass wir mittelfristig den richtigen Weg eingeschlagen haben. Wir brauchen eine höhere Anzahl an internationalen Topspielern, auf jeden Fall mehr als früher, um die Vielzahl der Events bestreiten zu können. Die jungen Spieler konnten hier sehr viele Erfahrungen sammeln, können daraus lernen und sich entwickeln.

DHZ: Ihr holländischer Kollege Joost Bellaart hat die Trophy als gute EM-Vorbereitung bezeichnet.

Peters:
Das muss er ja auch. Ich denke nach wie vor, dass ich 13 Spiele in so kurzer Zeit nicht alle erfolgreich bestreiten kann.

DHZ: Spätestens beim EM-Finale am 13. September wird sich entscheiden, wer auf die besseren Karten gesetzt hat.

Peters:
Ich gebe zu bedenken, dass es in Barcelona auch noch zehn andere Mannschaften gibt, die nicht die Champions Trophy gespielt haben. Auch Teams wie Spanien oder England können die EM gewinnen. Alles andere zu denken ist arrogant. Jeder Gegner hängt sich besonders gegen uns als amtierenden Weltmeister rein. Wir müssen bei der EM von Anfang an sehr konzentriert und diszipliniert spielen und auf alles vorbereitet sein.

DHZ: Trotzdem noch ein Wort zum vermeintlichen Hauptkonkurrenten Holland, der bei der Trophy Vollgas gespielt und scheinbar nichts zurückgehalten hat.

Peters:
Die spielen im Moment wirklich sehr gut und ein sehr hohes Niveau, weil sie ja auch eine gute Truppe beisammen haben, die eine gute Mischung aus talentierten jungen Stürmern und erfahrenen Leuten aufweist. Aber wir brauchen uns da mit unserem Potenzial und unserer Bilanz gegen Holland nicht zu verstecken. Und dann wird man ja sehen.

Uli Meyer

 

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