Feld 2003/04

 

Sonntag, 5. Oktober 2003

Club an der Alster - Crefelder HTC
5 : 4   (1:2)

Dramatische Wende für Alster

Anders als am Halbfinaltag, als trübe Wetterprognosen und ein kräftiger Regenguss kurz vor dem ersten Spiel bestimmt diverse hundert Hockeyfans vom Besuch abgehalten hatten, präsentierte sich der Himmel am Sonntag strahlend blau. Über 3000 Zuschauer auf der damit vollbesetzten Alster-Anlage am Pfeilshof bildeten einen würdigen Rahmen, und die meisten kamen, um mit den Platzherren den Meistertitel zu feiern. Bereits mit 5:1 hatte Alster das Bundesligaspiel gegen Krefeld gewonnen. Was also sollte schiefgehen?

Den Westdeutschen konnte die Außenseiterrolle nur gefallen. Sie standen unter keinerlei Siegdruck, aber hatten sich für ihr ersten DM-Endspiel trotzdem viel vorgenommen. Und ihr Selbstbewusstsein wurde gleich in der Anfangsphase bestärkt. Schulte hielt die erste Hamburger Strafecke, und im direkten Konter kam Schmidt-Busse weit rechts am Kreisrand zum Schuss. der nicht voll getroffene Ball wäre für Torwart Milz wohl kein Problem gewesen, aber im letzten Moment veränderte der heranrutschende Philipp Steffen die Laufrichtung der Kugel, die noch so eben über die Linie rollte – 0:1 (6.). Wenig später wäre das 0:2 möglich gewesen, aber Milz kratzte den kniehohen Witthaus-Eckenschlenzer (11.) um den Pfosten.

Favorit Alster fand ähnlich wie am Vortag nur schwer ins Spiel. Ballfluss und Kombinationen waren in den ersten 20 Minuten unsauber. Die Rufe von Trainer Jo Mahn („einfache Bälle“) verhalten ungehört, Krefeld hatte wenig Mühe, seinen Kreis frei von Gefahren zu halten.

Bemerkenswert dabei die kluge Mittelfeldregie von Olympasieger Klaus Michler, der in zentraler Position als Staubsauger genauso überzeugte wie als Initiator vieler CHTC-Offensivaktionen. „Der spielt immer noch überragend. Schon weil Klaus beim BL-Spiel fehlte, was das heute etwas ganz anderes“, adelte Mahn die Leistung des mit 33 Jahren neben Michael Waldhauser (34) ältesten Akteurs auf dem Platz.

Etwa ab der 20. Minute wurden Alsters Aktionen zwingender. Immer öfters setzten sich die Hamburger nun in der gegnerischen Hälfte fest. Große Feldchancen boten sich zwar nicht, aber immerhin zwei Strafecken. Zunächst hatte Bechmann nach Not-improvisierter Variante Pech mit dem Außenpfosten (20.), sechs Minuten darauf passte dann alles: Die im Videostudium ausgeguckte doppelte Ablegervariante, die Hereingeber Philipp Zeller mühelos vollendete, erwischte die CHTC-Abwehr auf dem falschen Fuß – 1:1 (26.).

Weiteren Flurschaden konnte Krefeld verhindern, weil die Abwehr mit Organisator Weß und den Manndeckern (allen voran Christoph Müsgens) blitzsaubere Arbeit ablieferte. Vorne hieß der Unruhefaktor Matthias Witthaus. Raffiniert holte der Mittelstürmer, vom Gegenspieler Mattern selten zu stoppen, die zweite CHTC-Ecke heraus und versenkte diese mit dem eigens „interchangenden“ Eckenschläger in Knöchelhöhe auf der Schlägerseite von Milz zum 2:1. Sekunden darauf war Halbzeitpause.

Wer nach dem Seitenwechsel eine stürmisch auf den Ausgleich bedachte Alster-Mannschaft erwartete, wurde lange enttäuscht. 15 Minuten lang brachten die Hamburger überhaupt keine brauchbare Offensivszene zustande. Krefeld fing alle Bemühungen meist schon im Mitteklfeld ab, spielte sehr geschickt und hatte auch nach vorne die besseren Ansätze.

Nach 48 Minuten der nächste Galaauftritt von Witthaus, der durch den Alster-Kreis tanzte und für Brendon Koolen auflegte, der aus kurzer Distanz keine Mühe mehr hatte – 1:3.

Blitzschnell ging die Torfolge weiter: Eiko Rott hechtete erfolgreich in eine Gemmrig-Flanke von rechts – 2:3 (50.). Auf der anderen Seite setzte eine simple, aber blitzschnell und sauber gespielte Freischlagvariante über Michler und Steffen, abgeschlossen von Tim Witthaus, die Alster-Abwehr außer Funktion – 2:4 (53.).

Mucksmäuschenstill wurde es auf den Rängen, zu hören war fast nur noch der stimmgewaltige Block des 200-köpfigen Krefelder Anhanges. Die Zeit verrann für Alster, und die Bemühungen wurden hektischer. Geordneter Spielaufbau war nicht mehr gefragt, über Einzelaktionen und „Brechstange“ wurde versucht, den Druck zu erhöhen. Eine Serie von drei Ecken überstand Krefeld in dieser Phase (56.) schadlos.

Wie aus heiteren Himmel bot sich dann Steffen (57.) die Chance zum 5:2, als er bei einem Konter plötzlich frei vor Milz auftauchte. Der freche Heber vom Kreisrand wäre im Erfolgsfall das Tor des Monats gewesen, in der konkreten Situation war es aber wohl aber die falsche Entscheidung, Milz parierte. Drei Minuten darauf der nächste Konter, bei dem Witthaus im Duett mit Steffen nur haarscharf das fünfte CHTC-Tor und damit wohl die Entscheidung verpasste.

Bei den Hamburger Spielern wurden erste Frustaktionen sichtbar, der Titeltraum drohte zu platzen. Wie ein Aufbruchsignal dann sechs Minuten vor Schluss das 3:4, als Tihl geistesgegenwärtig in einen Verzweiflungs-rückhandschuss von Bechmann seinen Schläger reinhielt und dadurch Schulte irritierte. Schlagartig war es mit der Krefelder Abwehrsouveränität vorbei. Alster drückte mit aller Macht und erzwang weitere Strafecken. Die Versuche sieben und acht überstand der CHTC noch ohne Folgen, aber bei der neunten Ecke war der Ausgleich (67.) perfekt. Wieder genügte ein kleiner Ablenker von „Phänomen Tihl, den man 60 Minuten kaum gesehen hat und der dann solche zwei Dinger macht“ (Mahn), um Schulte das Nachsehen zu geben.

Mit dem 4:4 und der Aussicht auf eine Verlängerung gab sich der spät, aber jetzt richtig erwachte Favorit nicht zufrieden. Weitere Ecken wurden gegen den nun für keinerlei Befreiung mehr sorgenden Gegner erkämpft. Nummer zehn wehrte Schulte ab, beim elften und letzten Versuch aber schnappte Alsters Ideenreichtum wieder zu. Ins flache Anspiel von Landshut rutschte am langen Pfiosten der von außen heranstürmende Hendrik Lange und vollendete diese perfekt gespielte Variante mit dem 5:4 (69.). Schluss, Aus, vorbei.

Drei Tore in den letzten sechs Minuten – da war es mehr als verständlich, dass bei Schlusspfiff die Emotionen mit den Beteiligten durchgingen: wilde Freudentänze bei den Siegern und blankes Entsetzen beim Verlierer, der den blauen DHB-Wimpel doch fast schon in der Tasche hatte.

Ebenso wie Außenseiter Krefeld für seine lange Zeit erstaunlich abgeklärte Leistung den Titel verdient gehabt hätte, war Alsters Vermögen, dieses Ding mit raffinierten Eckenvarianten noch zu drehen, wortwörtlich meisterhaft. Die Zuschauer waren jedenfalls Zeuge eines gutklassigen Krimis.

Uli Meyer

1. BL Herren

 Samstag, 4. Oktober
  » Alster - GHTC  5:3 (2:2)
  » CHTC - StgKi  2:1 (1:1)
 Sonntag, 5. Oktober
  » Alster - CHTC  5:4 (1:2)
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Statistik


 Tore
6'0:1P.Steffen
26'1:1P.Zeller (E)
35'1:2M.Witthaus (E)
48'1:3B.Koolen
50'2:3E.Rott
53'2:4T.Witthaus
64'3:4T.Tihl
67'4:4T.Tihl (E)
69'5:4H.Lange (E)

 Ecken
Alster11 (3)
CHTC2 (1)

 Schiedsrichter
Blasch, C
Wolter
Wolter bei seinem 22. DM-Finale (inkl. Halle) lange nicht so im Brennpunkt wie sein Kollege, gegen dessen Entscheidungen Akteure beider Seiten immer wieder was zu meckern hatten. Spielentscheidende Fehler gab es jedoch keine.
3000Zuschauer


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